Kürzlich sprachen wir im Freundeskreis darüber, wie wir Deutschen im Ausland gesehen werden. Eine der Gesprächsteilnehmer war eine bulgarische Freundin, die fest der Meinung ist, dass Deutsche überall im Ausland positiv gesehen werden (was ich wunderbar fand!).
Ich selber und andere (Deutsche) in der Runde hatten allerdings in der Vergangenheit schon diverse Begegnungen gehabt, bei denen wir Ablehnung bis hin zu offener Konfrontation erlebt haben – nur weil wir Deutsche sind. Ich erinnere mich an eine Silvesternacht in einem Backpacker-Hostel in Laos, wo wir in einer bunt gemischten Gruppe ums Lagerfeuer sassen. Eine der Frauen war Italienerin, etwa in meinem Alter. Die gemeinsame Sprache war Englisch. Obwohl wir uns vorher überhaupt nicht kannten, schoss sie sofort fiese Vorurteile über Deutsche -die ich angeblich erfüllen würde- in meine Richtung ab. Ich war etwas über mich selbst überrascht, da ich nicht mit meiner üblichen Emotion reagierte wenn ich angegriffen werde, nämlich Gegenangriff. Stattdessen habe ich einfach gar nicht reagiert, bis sie irgendwann die Lust verlor. Allerdings nicht ohne zu sagen, dass mein Verhalten typisch deutsch -nämlich arrogant- sei.
Ähnliche Begegnungen haben auch Freunde von mir gemacht: In verschiedenen Ländern der Welt und mit Menschen der diversen Kulturen. Wir waren uns am Ende des Gespräches einig, dass wir am wenigsten Ablehnung in Ländern des Südens erlebt haben und am meisten bei europäischen Nachbarn. Ehrlich gesagt, kann ich emotional ein Stück weit Ressentiments gegenüber uns Deutschen verstehen. Ich glaube, ich wäre womöglich auch vorsichtig gegenüber einem Volk, welches vor zwei Generationen für solche Grausamkeiten verantwortlich war. Ich hoffe aber, dass ich dennoch jeden einzelnen Menschen unabhängig von seiner Kultur betrachten könnte. Ich weiß nicht, wie es Euch geht, aber ich habe ab und an das Gefühl, mich für meine Herkunft legitimieren zu müssen. Damit bin ich nicht alleine: Eine Studie der Wirtschaftsuniversität Wien hat das zum Beispiel bei einer Umfrage unter in der Schweiz lebenden Deutschen herausgefunden. 42% unter tausenden Befragten haben dieses Gefühl. Und ein Drittel glaubt, nicht willkommen zu sein.
Der Anlass, diesen Artikel zu schreiben, war jedoch nicht die Gesprächsrunde, sondern ein Video auf Youtube von einer jungen Deutschen, die über ihre Erfahrungen während eines Erasmus-Studiums in Madrid berichtete. Ganz zu Anfang sagt sie, dass sie sich sofort in Spanien und seine Menschen verliebt habe. Sie stellt die spanische der deutschen Kultur gegenüber und beschreibt in 10 Punkten, was ihr spanisch vorkommt:
– Die Spanier seien kleiner als die Deutschen, was dazu führt, dass sie mit ihren 1,75 m für viel „Auf“sehen (kleines Wortspiel) sorgt
– Die Spanier reden immer sehr laut
– In Spanien läuft alles später ab: Arbeitsbeginn, Essen, Ausgehen, …
– „La marcha“: Spanier sind viel auf der Straße unterwegs (was ihr sehr gut gefällt)
– Begrüßungsrituale: In Deutschland gibt man sich die Hand versus Küßchengeben in Spanien; aber: Umarmungen unter Freunden, wie sie in Deutschland üblich sind, fänden die Spanier zu intim
– Spanische Aussprache englischer Begriffe, bzw. Verspanischung (dies habe ich auch schon einmal thematisiert: Spiderman wird hier etwa so ausgesprochen: Espiiiedermann, U2 ist Uh dos und Hot dogs sind „perritos calientes“. Als ich damals in Spanien lebte, gab es die Serie Dallas mit der Figur J.R. (Ewing). Ich habe lange nicht kapiert, wer Jotta Erre sein soll).
– Spanier leben länger in ihren Herkunftsfamilien; selbst wenn sie in eine andere Stadt ziehen, leben sie bei Verwandten – anders als in Deutschland, wo man als junger Mensch in WGs wohne
– Die Spanier seien chaotischer und weniger organisiert, aber… dadurch auch flexibler
– In Spanien esse man nicht auf der Straße oder in Öffentlichen Verkehrsmittel. Nicht so wie in Deutschland, wo man sich öffentlich Döner, Pommes, Brötchen in den Mund stecke. Der Grund in Dt: Wir haben es immer eilig und nähmen uns keine Zeit zum Essen
– Die Spanier sind offener als die Deutschen. Wenn man beispielsweise jemanden auf der Straße anspräche, entwickele sich eine Konversation, anders als in Deutschland, wo die Menschen einsilbiger seien.
Das Video wurde fast 50.000 Mal angeklickt und ich fand es sehr sympathisch gemacht. Was mich allerdings besonders faszinierte, waren die Kommentare. Unter anderem: „… los alemanes son como un „robot“ „. Aber auch von Ast_Gaming: „Ihr Deutschen seid Nazis…“ („los alemanes sois nazis, no podeis borrar lo que ocurrio en la segunda guerra mundial y punto amargados“). Auch wenn ich selber schon als Nazi betitelt wurde (und wie man sich denken kann, dafür überhaupt gar kein Verständnis entwickeln kann), fand ich es besonders bescheuert, dass sich auch die nächste Generation sich sowas Blödes (noch) anhören muss. Erfreulicherweise sind aber andere (Spanier) in die Bresche gesprungen und haben dem Fuzzi die Meinung gesagt.