Ob es einen Zusammenhang zwischen dem Klima und der Entwicklung der Kulturen gibt – darüber sind sich Wissenschaftler uneins. Der niederländische Psychologe Evert van de Vliert meint durch seine Forschungen in den Jahren 2007-2009 belegen zu können, dass die Hauptgründe in unterschiedlichen kulturellen Entwicklungen sehr wohl im Klima liegen. Seine Kritiker wie der Psychologe Jüri Allik aus Estland sind erwartungsgemäß anderer Meinung.
In jedem Fall kann man zwischen Deutschland und Spanien einen deutlichen Unterschied im Umgang mit Zeit, Körperlichkeit, Nähe oder dem Umgang der Geschlechter miteinander feststellen. Die eigene teilnehmende Beobachtung der Autorin hat ergeben, dass es hier auf Mallorca wesentlich öffentlicher menschelt als in Deutschland.
Nicht nur Kinder werden gerne gedrückt, Freunde und Bekannte werden angefasst und zur Begrüßung gehört das Küsschengeben von Mann zu Frau oder Frau zu Frau wie selbstverständlich dazu. Die Frage „Wie geht´s?“ ist sicher meist nur rhetorisch gemeint und (eine womöglich ehrliche) Antwort wird nicht erwartet, aber es ist dennoch oft der Einstige in eine Unterhaltung – wenn man denn möchte. Die wird dann wiederum lautstärker, leidenschaftlicher und gestenreicher als in Deutschland geführt.
Als Frau jenseits der 45 darf man sich mehrmals im Monat darüber freuen, dass ein Müllwagenfahrer aus dem Fenster ruft: „Hey, preciosa“ oder die Taxifahrer, die eigentlich in eine lautstarke Unterhaltung vertieft sind, sich gemeinsam kurz umdrehen und einer für alle fragt: „Wohin des Weges, Schöne?“. Im Supermarkt oder kleinen Geschäften wird dem Entgegennehmen des Geldes oft ein „Gracias, reina“ (Königin) oder „…guapa“ (Hübsche) angehängt – und das egal von Männern wie Frauen. Auch wenn die wenigsten dieser Komplimente einen ernsthaften Hintergrund haben oder die Vorstufe zum Flirten sein sollen – sie tun gut!