Gestern war Internationaler Frauentag, wie jedes Jahr am 8. März. Seit über 100 Jahren wird dieser Tag begangen. Es geht vor allem um Gleichberechtigung, im Privaten wie im Arbeitsleben. Dieses Jahr hatten Gewerkschaften und Organisationen in ganz Spanien Frauen dazu aufgerufen, ihre Arbeit unter dem Motto „Wenn wir stoppen, dann stoppt die Welt“ „ („si nos paramos todas, se para el mundo“) niederzulegen.
Ich war mit meinen Freundinnen Fany und Yolanda auf dem abends stattfindenden Demonstrationszug in Palma. Es waren über 20.000 Menschen dabei!!! Altersmässig waren die meisten deutlich jünger als wir. Wunderbarerweise sah man sehr viele Männer verschiedenen Alters. Auch Kinder und Hunde liefen mit und barbusige Aktivistinnen von Femen. Einige Demo-Schilder waren radikal, viele aber auch sehr lustig, z.B. „Ohne Hermine wäre Harry (Potter) schon im ersten Buch gestorben!“ („Sin Hermione Harry hubiese muerto en el 1. libro“). Zahlreiche Schlachtrufe zu mehr Gleichberechtigung und gegen Gewalt waren zu hören. Unter anderem „Ich brauche Deine Komplimente nicht, sondern Deinen Respekt“ („No quiero tus piropos, quiero tu respeto“) oder „Ich bin nicht als Frau geboren worden, um deswegen zu sterben“ („no nací mujer para morir por serlo“), womit darauf hingewiesen wurde, dass allein letztes Jahr 48 Frauen in Spanien durch ihren Partner ermordet wurden. In Spanien haben laut diversen Studien zwischen 10 und 15 Prozent aller Frauen bereits Erfahrungen mit sexueller Belästigung am Arbeitsplatz gemacht.
43 Prozent der Frauen hätten wegen ihres Geschlechts zudem schon einmal eine Form der Benachteiligung im Arbeitsleben erfahren, z.B. dass ein Job an einen schlechter qualifizierten Kollegen ging. Frauen verdienen weltweit nach wie vor bei gleicher Arbeit im Schnitt weniger als Männer. In Spanien liegt der Unterschied bei knapp 18 %. In Deutschland sind diese Unterschiede noch größer: 21,6 %.
Frauen sind zudem unterrepräsentiert in Führungspositionen. In Spanien hat die Regierung 2007 eine Quoten-Regelung verabschiedet: Sie sieht vor, dass Unternehmen mit mehr als 250 Mitarbeitern bis 2015 einen Frauenanteil von 40 Prozent in den oberen Führungsetagen erreichen müssen. Wer die Quote erfüllt, bekommt bei öffentlichen Aufträgen den Vorzug, Strafen bei Nichterfüllen drohen nicht. Dadurch ist tatsächlich der Anteil in diesen Unternehmen gestiegen.
Frauen leisten auch mehr Haus- und ehrenamtliche Arbeit. In Spanien arbeiten Frauen 127 Minuten pro Tag im Haushalt, ihre Männer nur 76,5 Minuten. Deutsche Männer sind fleissiger als die Spanier, sie arbeiten 89,9 Minuten am Tag im Haushalt, die deutschen Frau jedoch 163,9 Minuten, also fast doppelt so viel. Zum Vergleich: In Schweden etwa arbeiten Frauen nur rund eine Viertelstunde länger pro Tag im Haushalt als Männer (Quelle: Zeit).
Nur ein Prozent des Weltvermögens ist in Frauenhand. Sie sind auch benachteiligt bei Landbesitz. In vielen Ländern haben Mädchen zudem kein Recht auf Bildung oder werden zwangsverheiratet. Die me-too-Debatte hat gezeigt, dass auch in vielen Industrieländern sexuelle Belästigung und Missbrauch am Arbeitsplatz nicht unüblich sind.
Trotz der Schwere der Themen war die Stimmung auf der Demo äußerst lustig und ausgelassen. Fany hatte die Idee, dass wir uns für ein Foto eine Fahne ausleihen. Uns fiel erst heute beim näheren Betrachten des Bildes auf, dass auf dem Stab „Arran“ steht. Das ist der Ableger einer linken katalanischen Unabhängigkeitsorganisation, die hier letztes Jahr durch tourismuskritische Aktionen von sich reden gemacht hatte. Gegen 12 Mitglieder wird derzeit unter anderem wegen Störung der öffentlichen Ordnung, Androhung von Gewalt und Sachbeschädigung ermittelt… Fany war einigermaßen besorgt, weil sie in einer öffentlichen Einrichtung arbeitet… Upps….
Den ersten nationalen Frauentag hatte übrigens die Sozialistische Partei am 28. Februar 1909 in den USA ausgerufen. Es wurde an den Streik der Textilarbeiterinnen in New York erinnert, die für bessere Arbeitsbedingungen gekämpft hatten. Seit 1921 ist als Internationaler Frauentag nunmehr der 8. März festgelegt.