Sprichwörter geben häufig einen guten Einblick in die Mentalität eines Landes. In Deutschland sagen wir „Dienst ist Dienst und Schnaps ist Schnaps“ und drücken damit unsere „Sach-Orientierung“ aus. Berufliches wird in der Arbeitszeit besprochen und Privates in der Freizeit. Beruf und Freizeit sind (strikt) getrennt. Wenn wir ein neues Projekt starten, schauen wir erst einmal, ob wir mit dem neuen Kollegen gut zusammen arbeiten können. Klappt die Zusammenarbeit gut, kann man auch einmal ein Bier zusammen trinken gehen.
Spanien hingegen ist eine „Beziehungs-orientierte Kultur“. Hier wird erst einmal geschaut, was der neue Kollege so für ein Mensch ist. Man möchte einen persönlichen, privaten Eindruck bekommen, geht dafür gerne zusammen Mittagessen oder nach der Arbeit ein Bier trinken. Hat man dann eine gute Beziehung aufgebaut, kann man auch gut zusammenarbeiten. Für uns Deutsche wirkt dieser Beziehungsaufbau häufig erst einmal als Zeitverschwendung – geht es doch um das Projekt, bzw. die Arbeit….
Zahlreiche Sprichwörter sind im Spanischen und Deutschen gleich, z.B.:
„A caballo regalado no le mires el diente.“ – Einem geschenkten Gaul sieht man nicht ins Maul.
„A lo dicho, hecho.“ – Gesagt, getan.
„Como elefante en cristalería.“ – Wie ein Elefant im Porzellanladen.
„Más vale tarde que nunca.“ Besser spät, als nie.
Es gibt aber auch viele sehr unterschiedliche. Speziell für Mallorca hat mein Mallorca-Zeitungs-Kollege Jan Lammers zahlreiche Sprichwörter gesammelt und ihnen deutsche Erklärungen gegenübergestellt.
„Sa sang mai torna aigo.“, wörtlich: Blut wird nie zu Wasser werden. „Blut ist dicker als Wasser“. Auf Mallorca ist damit gemeint, dass Fehler innerhalb der Familie eher verziehen werden als Streitigkeiten mit Fremden.
„Més se moren de farts que de fam“, wörtlich: Es sterben mehr Leute an einem vollgeschlagenen Bauch als an Hunger. Dies ist als Aufruf zu Mäßigung und Bescheidenheit gemeint.
„Val més una pau dolenta que se millor de ses guerres“. Wörtlich: Ein schlechter Frieden ist mehr wert als der beste aller Kriege. Gemeint ist, dass manchmal auch ein fauler Kompromiss ratsam ist.
„Qui diu sa veritat, perd s´amistat“. Wörtlich: Wer die Wahrheit sagt, verliert die Freundschaft.
Letzteres ist ein Hinweis auf einen weiteren spannenden kulturellen Unterschied zwischen Spanien und Deutschland: Kritik wird hier in Spanien/Mallorca selten direkt geäußert (wie übrigens in fast allen anderen Ländern der Welt auch). Uns Deutschen, die wir eine direkte Kommunikation und damit auch eine direkte Kritik bevorzugen, entgehen somit oft (versteckte) Hinweise, dass irgendetwas nicht stimmt. So ist es nicht unüblich, einen bestimmten Ausschnitt eines Projektes oder eine bestimmte Eigenschaft des Gegenübers besonders positiv herauszustellen. Wir Deutschen freuen uns dann über das Lob, und überhören dabei, was dabei nicht gesagt wurde. Wie bei den zwei Seiten einer Medaille. Wird eine Seite (aus unserer Sicht) über Gebühr gelobt und die andere Seite gar nicht erwähnt, sollten bei uns die Alarmglocken schrillen….