Der Kommunikationsforscher Paul Watzlawick sagte: “Man kann nicht nicht kommunizieren!“. Damit ist gemeint, dass es in der Kommunikation zwischen Menschen nicht nur um das gesprochene Wort (also verbale Kommunikation) geht, sondern auch um nonverbale Kommunikation. In vielen Kulturen ist die nonverbale Kommunikation sogar wichtiger. Dazu gehören: Gestik, Mimik, Zeichensprache, Blickkontakt, Berührungen, Ausdruck von Emotionen, Sinne wie Riechen, der Umgang mit Schweigen, das Körperbild, die Körperhaltung, der Körperkontakt oder auch der Abstand.
Gestik
Verglichen mit den Italienern haben wir Deutschen eine eher spärliche Gestik. Aus unserer Sicht „fuchteln“ Italiener leidenschaftlich mit ihren Armen und Händen herum. Man nennt das „gebärdenreich“. Wir Deutschen, aber auch die Engländer und Skandinavier sind „gebärdenarm“. Eng damit verbunden ist, ob eine Kultur eher „affektiv“ (also emotional) wie die Italiener oder Spanier oder neutral (eher emotionslos) wie die Deutschen in der Kommunikation mit anderen ist.
Gesten können sehr konfliktreich werden, weil es für manche Gesten unterschiedliche Interpretation gibt. Der „Daumen hoch“ bedeutet etwas positives in Deutschland und in den USA. In Griechenland, Australien und in Nigeria ist es hingegen eine obszöne Geste. Das Victory-Zeichen bedeutet in vielen Ländern ebenfalls etwas positives, während es mit der Handfläche nach innen gekehrt in Griechenland bedeutet: „Fahr zur Hölle“. Ein Kreis zwischen Daumen und Zeigefinger bedeutet in Deutschland und den USA „Ok!“, in Frankreich steht das für die „Null“, in Lateinamerika für Homosexualität und in vielen Mittelmeerländern ist es eine beleidigende Geste.
Gesten können mit fast allen Teilen des Körpers ausgeführt werden wie Desmond Morris beschreibt: mit den Händen, aufstampfen mit dem Fuß, Achselzucken, Kopfwiegen. Wenn wir Deutschen den Kopf von links nach rechts bewegen ist das ein Zeichen für ein „Nein“. In Bulgarien, Griechenland, Pakistan oder Indien ist dies genau anders und ein Zeichen für „Ja“.
Weitere Infos und noch mehr Beispiele im Gestenknigge: https://www.youtube.com/watch?v=tmPCvkpR_Hc
Mimik
Edith Broszinsky-Schwabe geht von acht Grundformen von Emotionen aus, die sich in der Mimik widerspiegeln und weltweit gleich sind: Freude, Trauer, Überraschung, Aufmerksamkeit, Furcht, Wut, Ekel und eventuell Scham. Zudem gibt es weitere Ausdrucksformen des Gesichtes, die unterschiedliche Bedeutungen haben können: in vielen Ländern Asiens wird zum Beispiel durch ein Lächeln eine unangenehme Situation überspielt und ist teilweise sogar ein Ausdruck von Schwäche. In Japan gehört es zur erlernten Norm, keinerlei Emotionen zu zeigen, egal wie schlecht die Nachrichten sind. Auch Stirnrunzeln oder Nase rümpfen werden unterschiedlich interpretiert.
Blickkontakt
Auch der Blickkontakt wird in verschiedenen Kulturen sehr unterschiedlich bewertet. Araber und Lateinamerikaner betonen Blickkontakt, wohingegen es in Kulturen südlich der Sahara es strenge Regeln gibt, wer wie wo mit wem den Blickkontakt aufnehmen darf. In Deutschland ist es höflich, Menschen anzuschauen (das gilt auch für den Schüler gegenüber dem Lehrer). In anderen Ländern ist dies nicht schicklich, wie zum Beispiel in indigenen Gemeinschaften in den USA oder einigen muslimischen Ländern. Peter Collet spricht von „blickarmen“ und „blickintensiven“ Kulturen. Unter den blickintensiven Kulturen kann es aber auch Unterschiede geben: so sind Italien oder Tunesien eigentlich „blickintensive“ Kulturen, das gilt aber nicht für Mädchen und Frauen gegenüber Männern. Hier sollen Frauen den Blick abwenden und es kann zu interkulturellen Missverständnissen kommen, wenn Touristinnen dies nicht tun.
Körperkontakt
Wir Deutschen sind eine so genannte „berührungsarme Kultur“, ebenso wie die Engländer und Skandinavier. „Berührungsintensive Kulturen“ finden sich in Ost- und Südeuropa, Lateinamerika, Afrika und arabischen Ländern. Aber auch unter den berührungsintensiven Kulturen gibt es Unterschiede: so ist es völlig normal wenn in arabischen Ländern, in Kenia oder in Afghanistan Männer Hand in Hand gehen, dies hat keine sexuelle Konnotation. Weitere Aspekte zum Körperkontakt: In Asien fasst man niemanden am Kopf an (weil hier die Seele sitzt) und der Islam schreibt eine gewisse körperliche und emotionale Distanz zwischen Männern und Frauen vor, die nicht verwandt und nicht verheiratet sind. Als ein Beispiel für interkulturelle Missverständnisse: „Ein Muslim hat kürzlich an einer Berliner Privatschule der Lehrerin seiner Söhne den Handschlag verweigert. Sie warf ihm Frauenfeindlichkeit und mangelnden Respekt vor und brach das Gespräch ab – und er kündigte an, sie wegen Beleidigung und Verletzung der Religionswürde zu verklagen…. In der Schweiz weigerten sich im Frühjahr zwei Schüler, ihrer Lehrerin die Hand zu geben; die Schulbehörde entschied, dass sie dazu gezwungen werden können…. Im vergangenen Herbst sagte die rheinland-pfälzische CDU-Vorsitzende Julia Klöckner ein Treffen mit einem Imam ab, als dieser ankündigte, er werde ihr zur Begrüßung nicht die Hand reichen.“ (Faz).
Gerüche
Menschen aus verschiedenen Kulturen empfinden Gerüche unterschiedlich. Die Wahrnehmung von fremdem Körpergeruch kann unangenehm sein. Wir Deutschen werden von Asiaten teilweise als unangenehm riechend wahrgenommen, vor allem, wenn sich jemand durch viel und fettes Fleisch ernährt. Araber sagen, sie möchten jemanden nicht nur sehen, sondern auch riechen.
Distanz und Nähe
Der räumliche Abstand, den Menschen zueinander einnehmen und mit dem sie sich wohlfühlen, ist kulturell sehr verschieden. Man spricht von der „Ellbogenzone“, wenn man den Anderen am Ellbogen anfassen könnte. Dies ist die übliche Distanz in allen südeuropäischen Ländern. Bei der „Handgelenkzone“ kann man theoretisch den Anderen am Handgelenk anfassen, dies ist üblich in Osteuropa. Bei der größten Distanzzone, der „Fingerspitzenzone“ kann man den Anderen theoretisch bei ausgestrecktem Arm an den Fingerspitzen berühren; dies mögen Menschen aus Nordeuropa.
Ohne Ende
Weitere Möglichkeiten zu Missverständnissen in der nonverbalen Kommunikation bieten der Umgang mit folgenden Aspekten: Lachen und Weinen, Heranwinken, Achselzucken, Zählen mit den Fingern, Verbeugungen, Bewegung, Kleidung, Körperschmuck, Umgang mit Zeit, Geschenke und Blumen. Zu all diesen Aspekten finden sich weitere Erklärungen in dem unten angegebenen Buch.
Zum Weiterlesen:
Edith Broszinsky-Schwabe: Interkulturelle Kommunikation
Joe Navarro: Menschen lesen
Kumbier, Schulz von Thun: Interkulturelle Kommunikation