Bei der Mallorca Zeitung ist mir kürzlich die Masterarbeit von Wiebke Hebold in die Hände gefallen: „Wie wird Malle wieder cool? Nachhaltigkeit als Potenzial zur Weiterentwicklung massentouristisch geprägter Orte für „postmoderne“ Touristen“. Ich nahm mit ihr Kontakt auf, da meine Diplomarbeit ja eine ähnliche Fragestellung hatte. In der Arbeit hat Wiebke einige spannende Dinge herausgearbeitet, z.B. zum „Destinationszyklus“: Hier zeigt sich, dass bei einer rein ökonomisch motivierten Inwertsetzung von Tourismus eine Destination an ökologische und gesellschaftliche Grenzen kommt (Kagermeier sagte schon 2001, dass die Grenzen der ökologischen Tragfähigkeit auf Mallorca erreicht seien, wenn nicht sogar schon überschritten).
Die hiesige Inselregierung plant, den sogenannten Qualitätstourismus und die Nebensaison auszubauen. Wenn man nicht gleichzeitig anderswo die Touristenankünfte limitiert, kann es zu einem Kollaps führen. Das ist nicht nur meine Befürchtung, sondern auch die von Wiebke Herold sowie von einigen Professoren, die sie in ihrer Arbeit nennt.
Die aktuelle Strategie für die Tourismusentwicklung auf der Insel besagt: De-Saisonalisierung, Spezialisierung, Differenzierung des Angebotes, Marketing-Innovationen und Zielgruppenorientierung. Es geht insgesamt um Attraktivitätssteigerung, nicht um Rückbau der Tourismuslandschaft. Theoretisch soll Mallorca´s Tourismus von „Masse zur Klasse“ werden. Derzeit kommen jedoch jedes Jahr mehr Touristen. Vergangenes Jahr waren 13 Millionen Touristen auf der Insel, zehn Prozent mehr als im Vorjahr. Auch die ersten Monate diesen Jahres haben jeweils die Ankunftszahlen des Vorjahres getoppt. Zusätzlich zu den klassischen Sommertouristen kommen nun noch vermehrt Golf-, Wander-, Yacht-, Residenzial- und Radtouristen.
Dass aber der Qualitätstourismus der bessere Tourismus sei, dagegen gibt es berechtigte Gegenreden. Thomas Schmitt, Professor am Geographischen Institut der Ruhr-Universität in Bochum hat in einer Studie von 2007 herausgefunden, dass der Wasser-, Boden und sonstige Ressourcenverbrauch durch sogenannte Qualitätstouristen wesentlich höher ist als durch den klassischen Massentourismus. Denn die Yacht-, Golf- und Residenzialtouristen verbrauchen mehr Wasser: Der Verbrauch eines der 24 Golfplätze der Insel ist so hoch wie der eines 8.000 Einwohnerdorfes; Yachten werden mit Trinkwasser gereinigt und die Klimaanlagen mit selbigen betrieben. Residenzialtouristen haben alle ihren eigenen Pool, den eigenen Garten, der mit Trinkwasser gesprengt wird und fahren ihren eigenen Wagen, während Massentouristen im hoteleigenen Pool baden und mit einem Bus zu Ausflügen fahren. Residenzialtourismus nennt er denn auch die „aggressivste Tourismusform auf Mallorca“, da er noch unberührte Landschaften zerstöre und ein enormes ökologisches und in der Folge auch ökonomisches Schadenspotenzial in sich berge.
Derzeit erleben wir hier einen Stimmungswechsel unter der mallorquinischen Bevölkerung. Wenn man sich in den katalanischsprachigen Medien umhört, wächst der Unmut gegenüber dem Tourismus im allgemeinen. Allenthalben wird zu einer Limitierung der Touristenzahlen aufgerufen. Es wäre fatal, wenn es dazu kommt, dass die soziokulturellen und ökologischen Grenzen der Insel überschritten werden.
Es gäbe Möglichkeiten, die Obergrenze für ankommende Touristen zu beschränken, z.B. indem man die Frequenz der Starts und Landungen drosselt – die derzeit bei bis zu 100 pro Stunde liegt.